Führungskräftefortbildung Leistungsfähigkeiten der Einheiten im Katastrophenfall

20.11.2024
Was tun im Katastrophenfall? Dieser Frage haben sich die Führungskräfte der Landkreisfeuerwehren, des THW Lindau und Lindenberg, Rettungsdienste des Bayerischen Roten Kreuz (BRK) sowie der Polizeiinspektionen Lindau, Lindenberg und der Grenzpolizei Lindau gestellt. Auch das Kreisverbindungskommando der Bundeswehr war vertreten. Gemeinsam haben sie sich in Lindau zu einer großen Fortbildungsveranstaltung getroffen. Ziel der Veranstaltung war die Optimierung der Zusammenarbeit im Katastrophenfall.

Eigentlich hatte die Regierung von Schwaben angeregt, in einer Katastrophenübung das Zusammenspiel der verschiedenen genannten Organisationen zu proben. Doch Kreisbrandrat (KBR) Wolfgang Endres und Kreisbrandinspektor (KBI) Paul Sporrädle hatten da eine ganz andere Idee: eine eintägige Fortbildung, bei der sich die Organisationen vorstellen und ihre jeweiligen Aufgaben im Katastrophenfall erläutern.

Bei einem der regelmäßigen Treffen mit Landrat Elmar Stegmann und Vertretern des Katatrophenschutz des Landkreises stieß diese Idee auf offene Ohren.

Warum es keine Übung gab

Die Fortbildung erwies sich als kostengünstiger als eine groß angelegte Übung. Dies sei jedoch nicht ausschlaggebend gewesen, erklärte Endres. Der wichtigste Aspekt sei gewesen, sich gegenseitig besser kennenzulernen und ein besseres Verständnis für die Strukturen der anderen Organisationen zu entwickeln.

Denn in einem Katastrophenfall sind bestimmte Strukturen und Abläufe vorgegeben. Dazu gehört die Alarmierung der verschiedenen Einsatzkräfte und der Zeitrahmen, innerhalb dessen sie einsatzbereit sein müssen. Zu solchen Großereignissen gehören Umweltkatastrophen, Pandemien, Flüchtlingswellen, großflächige Waldbrände oder Waldbrände im alpinen Bereich. Wegen Letzterem wurde auch die Flughelfergruppe der Freiwilligen Feuerwehr Oberstdorf eingeladen.

Um den Teilnehmern die verschiedenen Organisationen und deren Arbeitsweisen näherzubringen, teilte Kreisbrandinspektor Paul Sporrädle sie in Gruppen ein. An verschiedenen Stationen innerhalb der Hauptwache der Lindauer Feuerwehr und des THW stellten sich die Feuerwehren, das THW, die Polizei und die Bundeswehr vor. Sie erläuterten ihre Strukturen, Alarmierungsketten und Einsatzmöglichkeiten im Katastrophenfall.

Die Bundeswehr braucht Zeit

Das sei gerade auf die Bundeswehr bezogen langwierig, wie die Führungskräfte bei dem Vortrag der Bundeswehr erfuhren. Denn es gibt eine Meldekette, die unbedingt eingehalten werden muss: Die beginnt im Landkreis und geht über München bis nach Berlin. Bis dann die Einsatzkräfte der Bundeswehr vor Ort eingesetzt werden können, vergehen zwei bis drei Tage.

Daher kann die Bundeswehr nur bei größeren Ereignissen mit längerer Dauer hinzugezogen werden. Sie verfügt jedoch über Spezialgeräte, die beispielsweise im Brücken- oder Dammbau eingesetzt werden können. Auch Frachtschiffe können sie sprengen, um damit einen Damm zu flicken oder zu errichten. Dabei werden die Frachtschiffe quergelegt und laufen dann auf Grund, womit sie für das Wasser ein Hindernis darstellen.

Da muss genau abgeschätzt werden, ob sich der Aufwand lohnt, gerade auch, was die finanzielle Seite betrifft. Denn eines wurde im Laufe des Tages auch klar: Die Kostenfrage spielt eine zentrale Rolle. Wer übernimmt welche Kosten in welchem Umfang?

Flughelfergruppen statt Bundeswehr

Als Beispiel wurde der Einsatz eines Tornado-Düsenjets mit Aufklärungsdrohne genannt. Da wären schnell über 40.000 Euro fällig und damit ist der Jet noch nicht richtig gestartet. Mittlerweile sind jedoch auch Feuerwehren mit leistungsfähigen Drohnen ausgestattet, sodass diese extrem teure Lösung entfällt - zumindest hier in der Region.

Ein weiterer Vorteil für die Region Bodensee und Westallgäu ist die Nähe zu zwei Flughelfergruppen in Oberstdorf und Kempten. Diese Spezialgruppen innerhalb der Feuerwehr verfügen zwar über keine eigenen Hubschrauber, aber über Spezialgeräte in Spezialverpackungen, die per Hubschrauber transportiert werden können. Das sei besonders bei Waldbränden im alpinen Bereich hilfreich, wo Hubschrauber Material, wie Löschbehälter oder Gurte, und Löschmittel schneller und flexibler transportieren können als Fahrzeuge.

Was machen Flughelfergruppen?

Für die anderen Gruppen war es überraschend, dass Rettungshubschrauber oder auch der Polizeihubschrauber nur leichtes Material transportieren kann. Für das meiste Material sowie für Löscharbeiten müssen Transporthubschrauber eingesetzt werden.

Solche Hubschrauber kommen dann von München oder von einer privaten Firma, mit der die Oberstdorfer schon zusammengearbeitet haben. „Wenn die nicht gerade Beton transportieren, der schnell trocknet, sondern bei Holzarbeiten eingesetzt sind, brechen die dort sofort ab und kommen uns zur Hilfe“, erzählt der stellvertretende Kommandant der Oberstdorfer, Hans Georg Gotzler.

Die Flughelfer selber, ausgebildet an der Feuerwehrschule Würzburg, sind Spezialisten für Wald- und Vegetationsbrände. Sie fungieren bei Hubschraubereinsätzen als Verbindungsleute zwischen den Einsatzkräften am Boden und den Piloten und wissen, wie man sich unter einem fliegenden Hubschrauber bewegen kann, um Material oder Löschmittel schnell und effizient an Hubschraubern zu befestigen. Bei Bedarf können sie bayern-, deutschland- und europaweit eingesetzt werden.

Sicherheit im Katastrophenfall

Die Stationen der Feuerwehren, des THW, der Polizei und des BRK boten den Teilnehmern die Gelegenheit, ihre Kenntnisse zu vertiefen. Die Organisatoren Paul Sporrädle und Wolfgang Endres zogen ein positives Fazit: Die Veranstaltung sei ein voller Erfolg gewesen, bei dem alle viel gelernt hätten. Gut vorbereitet sehen die Führungskräfte nun der großen Katastrophenübung im Oktober 2025 entgegen.

Text: Schwäbische Zeitung / Christian Flemming